Eine Gesellschaft die Rassismus nicht mehr akzeptieren möchte. Ihr Kampf um Gerechtigkeit.

Ein Beitrag von Guilherme Oliveira 07.06.2020

Ein Video geht um die Welt.

Es ist das Video, das den Mord an einen Mann zeigt. Acht Minuten
und 46 Sekunden lang sieht man, wie ein Polizist sein Knie auf dem Nacken von George Floyd
hält, während er schreit, dass er keine Luft bekommt. Wut entfachte bei den Menschen in
Minneapolis, denn George Floyd ein unschuldiger Afroamerikaner, der eine Packung Zigaretten mit
einem gefälschtem 20 Euro Schein gekauft haben soll, starb, weil Polizeigewalt in den USA an der
Tagesordnung ist, besonders für Afroamerikaner*innen. Rassistische Vorurteile sorgten in den
letzten Monaten dafür, dass mehrere Afroamerikaner*innen durch die Polizei starben. George
Floyd und Breonna Taylor sind nur zwei von vielen, die Polizeigewalt ausgesetzt waren, bloß, dass
ihre Geschichte tödlich endete. Menschen überall in den USA und auf der Welt sind wütend. Sie
gehen auf die Straße und demonstrieren gegen die Polizeigewalt und den Rassismus. Einige
Proteste endeten mit Gewalt und Vandalismus. Doch George Floyds Tod war nur ein Tropfen, der
das Fass der Ungerechtigkeit zum Überlaufen brachte.

Polizeigewalt an der Tagesordnung
Polizeigewalt gab es in den USA schon immer. Und schon immer waren Afroamerikaner*innen am
Meisten davon betroffen. Rassistische Vorurteile und der Gedanke, dass ein Mensch aufgrund
seiner schwarzen Hautfarbe krimineller ist, prägt das Leben vieler, vor allem in sozial
benachteiligten Gegenden. George Floyd leistete keinen Widerstand und doch wurde solche
Gewalt gegen ihn angewendet. Rassismus ist in den USA weit verbreitet. Dies hat vor allem
historische Hintergründe, doch ein Präsident, der rassistische und populistische Statements von
sich gibt, trägt sicherlich zu einer weiteren Zuspitzung der Situation bei. Der Ernst der Lage wird
nochmals klar, wenn beachtet wird, dass Eltern ihren schwarzen Kindern von klein auf beibringen,
wie sie sich bei einer Polizeikontrolle zu benehmen haben, um nicht erschossen zu werden. Viele
der Bilder, die auf den Straßen vieler Städte entstanden sind, erinnern an die 80-Jahre, denn was
jetzt passiert, hat sich schon mehrfach abgespielt: Menschen gehen auf die Straße, um gegen
Rassismus und für mehr Gerechtigkeit zu demonstrieren.

Das System
„Anstatt, dass wir uns darauf fokussieren, was George Floyd getötet hat, reden wir nur über wen.
Nur dann wird es Gerechtigkeit geben.“ Diese Worte twitterte Rashida Tlaib, Abgeordnete im US-
Repräsentantenhaus in Verbindung mit den Protesten, die es landesweit gab und von denen
welche in Gewalt eskalierten. Generationen von Afroamerikaner*innen hatten und haben mit
systematischem Rassismus zu kämpfen. Diskriminierung und Ungerechtigkeit sind Bestandteil des
Lebens von Tausenden: Fehlender Zugang zu Bildung, fehlender Zugang zu einer
gesundheitlichen Versorgung, fehlender Zugang zu Infrastrukturen, etc.. Diese grausame Tat ist
nur ein geringer Bestandteil der Wut dieser Demonstrant*innen, denn bei diesen Protesten steht
viel mehr auf dem Spiel: Es ist der Versuch, das System von Ungerechtigkeit und Rassismus zu
verändern.

Die Demonstrationen
Fotos von brennenden Gebäuden, brennenden Autos und von zerbrochenen Schaufenstern
kursieren um die Welt. Es entsteht ein negatives Bild dieser Demonstrationen. Fakt ist: Die
Menschen sind wütend. Sie sind wütend, weil sie zu lange gesehen haben, wie Schwarze
Menschen diskriminiert wurden. Sie sind wütend, weil zu viele Menschen gestorben sind. Sie sind
wütend, weil diese Umstände schon zu lange existieren. Sie sind wütend, weil nichts passiert. Ihre
Wut ist berechtigt, doch die Gewalt und der Vandalismus lässt sich dadurch nicht in jedem Masse
rechtfertigen. Bei diesen Demonstrationen gibt es zwei Gesichter: Die friedlichen Demonstrationen
und der Vandalismus. Die Mehrheit der Demonstrationen sind friedlich und werden von
Aktivist*innen organisiert, die erfahren sind und friedlich eine Bewegung gegründet haben. Die
Vandalist*innen und die Zerstörer*innen schützen sind in der Dunkelheit der Nacht. Die Lage ist
unübersichtlich. Vor allem in den Medien entsteht das Bild, dass alle Proteste gewaltsam sind.
Zahlreiche Videos kursieren im Netz, auf denen zu sehen ist, wie Demonstrant*innen weiteren Vandalismus und weitere Zerstörung verhindern. Es gibt Fotos, auf denen Polizist*innen vor den
Demonstrant*innen knien und sich solidarisieren. Doch nicht überall haben die Demonstrant*innen
dieses Privileg, denn in vielen Städten der USA werden friedliche Proteste von der Polizei mit
Tränengas und Gewalt niedergeschlagen, wie z.B in Washington D.C damit Trump vor einer Kirche
einen Fototermin wahrnehmen kann, nachdem er damit gedroht hatte, das Militär gegen die
Demonstrant*innen einzusetzen, falls die einzelnen Bundesstaaten nicht handeln würden. Da ist
es verständlich, dass diese Menschen noch wütender werden. Klar wird auch, dass Gegner*innen
dieser Bewegung sich unter die Proteste mischen und bewusst Schäden anrichten, um die
Bewegung schlecht darzustellen. Folgendes Beispiel macht ebenso Einiges klar: Die Lake Street
in Minneapolis ist ein soziales Projekt, von denen sozial-benachteiligte Menschen profitieren, das
bei Protesten zerstört wurde. Die verantwortlichen Menschen erschweren damit das Leben der
Menschen, die von diesem Projekt leben und abhängig sind. Wenn Demonstrant*innen gegen
Rassismus und Polizeigewalt auf die Straße gehen, warum sollten sie im Rahmen dieses Protests
ein soziales Projekt zerstören, von dem vor allem sozial-benachteiligte Menschen profitieren?
Die aktuelle Lage in den USA ist besorgniserregend und das aus vielen Gründen: In vielen Städten
mit Gewalt gegen Demonstrant*innen vorgegangen; Rassismus ist das tägliche Brot vieler
Menschen; COVID-19 hat schon über 100.000 Menschen in den USA getötet und das Land wird
von einem Rassisten, Populisten und fast Diktator geführt, der die Lage noch nie im Griff hatte.
Die Demonstrationen in den USA geben Hoffnung, doch stellt sich auch die Frage, wie lange diese
Demonstrationen noch andauern werden, denn sie sind nicht die ersten dieser Art. Dies lässt sich
mit Gewissheit sagen: Solange es keine Gerechtigkeit gibt, wird es auch keine Ruhe geben, denn
das Fass ist übergelaufen und die Geduld der Menschen zu Ende gegangen. „No justice, no
peace!“.